Freitag 24.03.2023

100 Jahre SPD-Ortsverein Littfeld-Burgholdinghausen

Große Feier mit politischer Prominenz

"Wir brauchen die Idee der Freiheit!"

Groß war die Schar der Gratulanten. Neben zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern des Kreuztaler Stadtteiles Littfeld war politische Prominenz ins alte Bergmannsdorf gekommen. Von Nicole Reschke, SPD- Unterbezirksvorsitzende über Bürgermeister Walter Kiß, Sigmar Gabriel, ehemaliger Vizekanzler, SPD Vorsitzender und Außenminister, Dirk Wiese, stellvertretender Vorsitzender der SPD - Bundestagsfraktion, MdB Luiza Licina-Bode, dem SGK-Vorsitzenden Falk Heinrichs bis hin zu dem ehemaligen Vorsitzenden der IG Metall, Detlef Wetzel, alle wollten das hundertjährige Jubiläum würdigen.

Am 24. März feierte der SPD-Ortsverein Littfeld –Burgholdinghausen sein „einhundertjähriges plus 1 Tag Bestehen“ in der Kapellenschule. Man blickte stolz auf die mutigen Männer der ersten Stunde und die Arbeit für den Ort und die Stadt in den vergangenen 100 Jahren zurück.

Wolfgang Otto, langjähriger Vorsitzender des OV, begrüßte die Gäste und ließ die bewegte Geschichte der SPD in Littfeld Revue passieren. Anpacken, Mitwirken, Probleme lösen sei stets das politische Credo der Littfelder Sozialdemokraten gewesen. Wolfgang Breuer überbrachte die Grüße der Dorfgemeinschaf und Bürgermeister Walter Kiß dankte für das soziale Engagement und die politische Mitwirkung der Genossinnen und Genossen mit einem Bildergeschenk der alten Gruben in Littfeld.

Sigmar Gabriel  zeigte in einer nachdenkenswerten und fundierten Festrede die Veränderungen der geopolitischen Weltlage auf. Zeitenwende bedeute derzeit den Verlust der Nachkriegsordnung mit der Dominanz des Westens, also Europa  und der USA, hin zu einer noch nicht ausgestalteten Neuorientierung des Weltmachtgefüges zum indopazifischen Raum hin. Er ging aber auch auf die Geschichte der SPD ein, die in diesem Jahr 160 Jahre alt wird, auf das zwölfjährige Parteiverbot unter Bismarck, die Ausgrenzung der Arbeiterschaft im 19. Jahrhundert, den Kapp-Putsch, die Inflation in den 20ern und das Ermächtigungsgesetz 1933 unter Hitler. „Die SPD kann stolz darauf sein die einzige Partei Deutschlands zu sein, die niemals ihren Namen ändern musste“, führte er aus. „Die SPD hat die Idee der Freiheit!“ Er rief alle Zuhörer dazu auf auch in Zukunft die anderen Parteien als Mitbewerber anzusehen und nicht als Feinde, wie in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Nur Feinde der Demokratie dürften auch weiterhin als Feinde bekämpft werden. „Die SPD hat immer versucht die Ansichten anderer mit deren Augen zu sehen und so muss es bleiben! Das Verbindende in der Welt muss gesucht werden.“

Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion Dirk Wiese aus dem HSK legte in seiner Rede den Fokus auf die aktuellen Probleme Deutschlands in der Welt und den Krieg in Europa. Er rief zum besonnenen Handeln auf und meinte, Deutschland brauche keinen Kanzler aus dem Sauerland.

Zum Schluss ehrten die Gäste und Ex-MdB Willi Brase Ulrich Krames, Wolfgang Otto und Elmar Böcking für 50 Jahre Parteimitgliedschaft.

Die Feierstunde wurde musikalisch von Stefanie Büscher und Ralf Stiebig begleitet, bevor man sich in einem Zelt vor der Kapellenschule am Buffet zu intensiven Gesprächen zusammenfand.

An­ge­fan­gen hatte die Ge­schich­te des SPD - Orts­ver­eins Litt­feld-Burg­hol­ding­hau­sen mit ei­ner Wil­lens­er­klä­rung von fünf Ar­bei­tern, den Bergmännern Jo­hann Kra­mes und Ernst Lors­bach, dem Steiger Ju­li­us Reu­ter, dem Schmied Wil­helm Ben­fer und dem Walz­ar­bei­ter Fritz Klein. Sie beschlossen am 25. März 1921 sich der So­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Par­tei Deutsch­lands an­zu­schlie­ßen. Zwei Jah­re spä­ter, am 23. März 1923, grün­de­ten die­se Ge­nos­sen zu­sam­men mit dem Knappschaftsältesten Fried­rich Bö­cking, Au­gust Ben­fer, Ja­kob Mül­ler, Adolf Katz, Ro­bert Mün­ker, Fried­rich Plett und Hein­rich Ben­ner den SPD-Orts­ver­ein Litt­feld-Burg­hol­ding­hau­sen. Der ers­te Vor­sit­zen­de des Orts­ver­eins war Jo­hann Kra­mes. Ta­gungs­ort für Ver­samm­lun­gen war die Gast­stät­te Sie­bel (Post­kut­sche) oder der Saal der Gast­stät­te Wet­ter. 1929 vermittelte Johann Krames den Mäd­chen und Jun­gen der Ro­ten Fal­ken eine Holz­ba­ra­cke am Weg vom Hein­rich­se­gen zum Stoss. Ne­ben Spiel und Spaß leis­te­te die­se Grup­pe auch schon Hil­fe beim Pla­ka­tie­ren und bei Flug­blatt­ak­tio­nen. Wei­te­re Un­ter­stüt­zung er­hielt der Orts­ver­ein aus der 1929/1930 ent­stan­de­nen Schal­mei­en­ka­pel­le. Die Ka­pel­le be­glei­te­te die Ge­nos­sen zu Ver­samm­lun­gen und Auf­mär­schen. Am 09. Mai 1933 wur­de ei­ne Haus­durch­su­chung bei dem SPD-Orts­ver­ein Litt­feld im Hau­se des Ge­nos­sen Ju­li­us Reu­ter durch­ge­führt und al­le Un­ter­la­gen so­wie die Kas­se und die Mu­sik­in­stru­men­te durch die NS­DAP be­schlag­nahmt. Als die SPD am 22. Ju­ni 1933 reichsweit durch die Naziregierung  ver­bo­ten wur­de, hör­te auch der Orts­ver­ein Litt­feld-Burg­hol­ding­hau­sen auf zu exis­tie­ren. Nach Be­en­di­gung des Krie­ges und dem Zu­sam­men­bruch des III.​Reiches rief Jo­hann Kra­mes die noch Le­ben­den und aus dem Krieg und der Ge­fan­gen­schaft be­reits Heim­ge­kehr­ten er­neut zu­sam­men, um die Ar­beit der Par­tei wie­der auf­zu­neh­men. Ab dem 01. Sep­tem­ber 1945 konn­te die SPD im Orts­ver­ein Litt­feld-Burg­hol­ding­hau­sen die ers­ten Zu­gän­ge ver­zeich­nen und die Mit­glie­der­zahl wuchs bis zu 01.12.1945 auf 32 Ge­nos­sen. Die Vertreter der SPD arbeiteten im Gemeinderat mit bis zum Jah­res­wech­sel 1968 die Stadt Kreuz­tal entstand. Auf der Stadt­ebe­ne grün­de­te die SPD ei­nen Stadt­ver­band mit wei­ter­hin ei­gen­stän­di­gen Orts­ver­ei­nen. Auch im Rat der Stadt nahmen die Littfelder Genossen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke Kreuztals, so Karl Heinz Schleifenbaum, der 45 Jahre, von 1975 bis 2020 für die SPD im Rat der Stadt arbeitete und 36 Jahre lang bis 2020 die Ratsfraktion der SPD führte.